Keine Statussymbole auf vier Rädern, keine Edelgastronomie mit prominenter Kundschaft. Die ostfriesische Insel Juist ist zwar exklusiv, aber unkompliziert. Hier ticken die Uhren etwas anders – in erster Linie langsamer.
Juist – “Moin – die Koffer einfach da rein”, begrüßt der Mitarbeiter der Reederei Frisia seine Passagiere knapp. In wenigen Minuten legt die Fähre nach Juist in Norddeich-Mole ab. “Bekomme ich denn gar keinen Gepäckabschnitt?”, fragt eine junge Frau irritiert. “Gibt es nicht, brauchen Sie nicht. Sie werden ihren Koffer bei der Ankunft schon finden.”
So unkompliziert wie das System der Gepäckaufbewahrung bei der Anfahrt, so ist auch die ostfriesische Insel Juist. Hier gibt es kein Schischi, kein zur Schau gestelltes Gebaren. Der Promi-Faktor ist nahezu nicht feststellbar. Aber genau das macht Juist zu dem, was es ist. Ein beschaulich angenehmes Kleinod mit prima Klima mitten in der Nordsee.
Wer entschleunigen will, der ist hier goldrichtig. Schon bei der Ankunft am Hafen wird klar, ein Trip nach Juist, das ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Das erste, was auffällt, sind die robusten Kaltblüter vor den Kutschen. Und der Duft des Pferdebenzins. Ein paar Köttel hier, ein paar Köttel da. Auch ein Pferd muss mal. Aber was hier in die Luft geblasen wird, ist definitiv biologisch abbaubar. Statt PS unter der Haube sind hier reale Pferdestärken im Einsatz. Und die Tiere transportieren alles, was von A nach B muss. Touristen, Lebensmittel, Strandkörbe.
Geld hat man, aber zeigt es nicht
“Ein wichtiges Merkmal steht hier nicht zur Verfügung. Das Statussymbol Nummer 1. Das Auto. Aber das macht gar nichts, denn auf Juist wird sowieso viel Wert auf Understatement gelegt”, sagt Thomas Vodde, der als Marketingchef der Insel fungiert. 17 Kilometer lang und 500 Meter breit. Von der Form her könnte Juist fast ein Laufsteg sein. Aber hier gibt es keine Bühne für Selbstdarsteller. Geld hat man, aber es wird nicht gezeigt.
Nicht einmal eine Szenekneipe gibt es auf der Insel. Dafür scheinen die Juister Touristen sowieso keine Verwendung zu haben. Nach dem Essen ziehen sich die meisten von ihnen zurück, tauschen Bett gegen Ausgehmeile. “Wir haben hier ein paar Kneipen, aber ein ausschweifendes Nachtleben gibt es nicht. Eine Disco haben wir. Das Zappel. Da ist aber auch nur während der Hauptsaison richtig was los”, verrät Thorsten; ein Koch, der gebürtig aus dem Harz kommt, aber seit einem Jahr auf der Insel arbeitet.
“Klar, wenn wir ehrlich sind, dies ist keine Insel für Hartz-IV-Empfänger”, gibt auch Vodde zu. Für sein Geld bekommt der Gast aber auch was. 17 Kilometer feinsten weißen Sand, einen Strand ohne Buhnen, gespickt mit bunten Strandkörben und wunderschönen Dünen. Deutsche Traumidylle mit Gesundheitsfaktor.